Hier können Sie weiterreichende Informationen zum Thema Tierschutz und Volckmanns Werk „Menschenstolz und Tierqualen“ erhalten.
Volckmanns Werk erschien 1799. Die Epoche der Aufklärung geht langsam zu Ende. Ihre Ideen sind aber in vollem Gange. Während in Frankreich die Menschen für ihre Rechte und damit verbunden für soziale Gleichheit kämpfen, verbreitet sich das aufklärerische Gedankengut in ganz Europa.
Seit wann kann man von einem organisierten Tierschutz sprechen? Gibt es einen Unterschied zwischen Tierschutz und Tierrechten? Und ist dieses Thema ein Phänomen der (Post-)Moderne?
Diese und weitere Fragen werden hier erläutert.
Epoche der Aufklärung – Historischer Hintergrund des Tierschutzes
Tierrechte zur Zeit der Aufklärung
Volckmann war mit einer der Ersten, die sich für einen besseren Umgang mit den Tieren eingesetzt haben. Zusammen mit beispielweise Jeremy Bentham, dessen Schrift „Introduction to the Principles of Morals and Legislation“ (1789) verkündete, dass der Tag kommen wird, an dem Tiere auch Rechte haben werden.
Auch wenn man dazu sagen muss, dass die Diskussion über die Tierseele bzw. Tiervernunft schon früher mit der Aufklärung auftrat. 1745 waren mehr als zwei Dutzend Gelehrte an einer Schrift mit und von Johann Heinrich Winkler beteiligt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass Tiere über die Fähigkeit, nach Sinnes eindrücken zu urteilen, verfügen. Sie sprachen den Tieren also eine niedrige Art von Vernunft zu. Aber natürlich blieb dies nicht unangefochten.1
Genau wie auch Volckmann forderte auch Winkler (1742) „eine möglichst schmerzfreie Tötung und Nutzung der Tiere“2. Und so wie es bei Volckmann 50 Jahre später noch ein relevantes Thema war. So ist es auch heute immer noch ein aktuelles Thema. Wir müssen handeln, sonst wird es auch in 200 Jahren noch ein diskussionsfähiges Thema sein.
1 Vgl. Ingensiep, Hans Werner: Tierseele und tierethische Argumentationen in der deutschen philosophischen Literatur des 18. Jahrhunderts. In: NTM International Journal of History & Ethics of Natural Sciences, Technology & Medicine. Volume 4. Basel; Berlin [u.a.]: Birkhäuser, 1996. S105.
2 Ebd. S.105f.
Die Epoche der Aufklärung als Zeichen des Umdenkens
Die Aufklärung in ihren einzelnen Strömen geht von Deutschland, Frankreich und England aus und bereiteten sich dann weiter aus; z.B. nach Skandinavien.
Während der Aufklärung (1720-1800) beginnt langsam die Literaturlandschaft zu bilden, wie wir sie kennen. Die Autoren werden unabhängig von ihren Mäzen. Literaturzeitschriften werden gegründet und Leihbibliotheken kam auf. Auch wenn man erwähnen muss, dass wir noch lange nicht davon reden können, dass alle in der Gesellschaft dieses Angebot auch in Anspruch nehmen konnten. Denn um 1770 waren nur ungefähr 15% der Bevölkerung alphabetisiert.1
Vorgeprägt war die Epoche von René Descartes Erkenntnis: Cogito ergo sum (Ich denke, also bin ich). Das Denken spielt eine entscheidende Rolle in der Aufklärung. Die Menschheit soll selbst anfangen zu denken und sich nicht Autoritäten unterwerfen. Kants Ausspruch „Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen“ fasst dies gut zusammen. Daran schließt an, dass es eine starke Kritik an der Religion, als eine Art der Autorität, gab, auch wenn sie immer noch eine große Rolle spielte.
Die Idee der Aufklärung ist:
- Zum einen die Befreiung von den Zwängen der Autorität
- Zum anderen aber auch die Prämisse, dass die Vernunft nach klaren Regeln verlangt.
Reiner Ruffing sagt zur Aufklärung: „‘Aufklären‚ bedeutet Klarheit in einer Sache zu bekommen, etwas Rätselhaftes mit Hilfe des Verstandes oder der Vernunft zu erfassen […]“.2 Hier kommen wir dann auch zu den nächsten Schlagworten: Vernunft und Verstand. Diese stehen in einer starken Verbindung zum Denken. Sie beeinflussen und lenken unser Denken und Handeln.
Jean-Jacques Rousseau ist sich indes sicher, dass die Kulturentwicklung die Menschheit verdorben hat und man wieder zur Natur zurück müsse, zu den natürlichen Sitten, um die Verdorbenheit wieder rückgängig zu machen. Aus heutiger Sicht weiß man, dass der Naturzustand reine Fiktion ist und einzig zur Definition des Kulturzustandes nötig war. Denn Unterscheidung geht nur durch Gegensätze.

Nach und nach kommt zur Vernunft auch das Gefühl. Zur Aufklärung mischt sich die Empfindsamkeit. Gefühle werden nun nicht mehr als schlecht angesehen. Karin Hoff beschreibt das Gefühl „als das Andere der Vernunft“.3 Weiter schreibt sie, dass das Gedicht Den nya Skapelse eller Inbildningens Verld (1790) von Johan Henrik Kellgren die Kraft der Liebe in den Mittelpunkt stellt.4 „Das lyrische Ich wird durch die Liebe inspiriert; es ist nicht allein die Vernunft, die das Subjekt bestimmt, sondern auch durch das Gefühl.“5 Mit dieser Aussage bringt Hoff den Zusammenschluss von Vernunft und Gefühl auf den Punkt.
Weitere Schlüsselbegriffe waren:6
- Freiheit
- Gleichheit
- Brüderlichkeit
- Vernunft
- Gefühl
- Moral
- Natur
- Verbesserung des Menschengeschlechts
1 Vlg. Ruffing, Reiner: Deutsche Literaturgeschichte. Wilhelm Fink, München. 2013. S.61.
2 Ebd. S.60.
3 Hoff, Karin: Aufklärung (1720-1800). In: Jürg Glauser (Hg.): Skandinavische Literaturgeschichte. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. J.B. Metzler, Stuttgart. 2016. S.81.
4 Ebd. S.118.
5 Ebd. S.119.
6 Vgl. Ruffing, Reiner: Deutsche Literaturgeschichte. Wilhelm Fink, München. 2013. S.98.
Volckmann und die Aufklärung
Volckmann war ein Mann der Aufklärung. Nicht nur weil er im 18. Jahrhundert lebte, sondern vor allem wegen seiner Denkweise. Er vertritt die Ideale der Aufklärung und wendet sie nicht nur auf die Menschen an. Denn wie er in „Menschenstolz und Tierqualen” schon im ersten Kapitel „Das gefühlvollste Geschöpf in seiner Fühllosigkeit” sagt: Der Mensch ist auch nur ein Tier.
Der Titel seines ersten Kapitels beinhaltet auch gleich eines der zwei großen Themen der Aufklärung: Das Gefühl. Gegen Ende der Epoche gesellt es sich zur Vernunft, auf die Volckmann später auch noch zu sprechen kommt. An vielen Beispielen macht er fest, dass seiner Ansicht nach die Tiere auch Gefühle haben und der Mensch als Teil der Tiere „dieses Mitgefühl in der reichlichsten Form” von der Natur geschenkt bekommen hat. Allerdings kritisiert er, dass dieses Mitgefühl den Menschen oft verloren geht, nicht nur gegenüber den Tieren, sonder auch seinen Mitmenschen. Und trotzdem, dass der Mensch „das gefühlvollste Geschöpf” sein soll, tut er „nichts gewöhnlicher, nichts sieht er mit kälterem Blute an, als Tiere zu misshandeln”. Warum nimmt sich also der Mensch das Recht heraus, den Tieren alles abzusprechen, was er selbst nicht zeigt?
Die Vernunft behandelt Volckmann gleich in zwei Kapiteln. Im vierten unter der Überschrift „Menschenvernunft” und im darauf folgenden „Vernunft oder Instinkt”.
Zuerst geht es um die Frage, was die Menschenvernunft eigentlich ist, da es nicht die reine Vernunft sein kann. Volckmann sagt auch, dass die reine Vernunft dem Menschen nichts nützt, ein „Gemisch von Geist und Sinnlichkeit”, also von Vernunft und Gefühl, wäre viel dienlicher. Weiter kritisiert er, dass man davon ausgeht, dass Tiere nur wegen ihres Instinktes so handeln, wie sie es tun. Er belegt hier seine These mit einer Masse an Beispielen, allen voran dem eines Vogels, der sich um einen anderen kranken Vogel kümmert und auch lange nach dessen Tod noch trauert. Einer seiner zentralen Sätze lautet wie folgt: „Denn die gemeinsten Erfahrungen beweisen, dass die Tiere so wenig alles nach Instinkt, wie die Menschen alles nach Vernunft handeln.”
Man kann schon aus diesen drei Kapiteln deutlich sehen, dass Volckmann ein Mann der Aufklärung war und speziell der Empfindsamkeit einen hohen Stellenwert gegeben hat. Aber er war auch fassungslos darüber, wie wir trotz unseres Gefühls, mit den Tieren umgehen. Er setzte sich für die Gleichstellung aller Lebewesen ein, auch wenn er auch Verständnis dafür hatte, dass man nicht alles von heute auf morgen ändern kann.
Anfänge des Tierschutzes
Der Tierschutz ist heutzutage für viele Menschen ein wichtiger Teil ihrer Lebensphilosophie. So stieg die Zahl der Menschen, die sich vegetarische oder vegane ernähren in den letzten Jahren immer deutlicher. Immer mehr Menschen achten darauf, wo ihr Fleisch herkommt, wenn sie es konsumieren, und geben an weniger Fleisch zu essen. Man kann davon ausgehen, dass die Anzahl an Vegetariern und Veganern in den nächsten Jahren weiter steigen wird. Menschen werden sich immer bewusster darüber, wie sich ihr Handeln auf die Umwelt auswirkt und sehen zunehmend in der Pflicht die Umwelt, zu der auch die Tierwelt gehört, schützen zu müssen. „[Der] Tierschutz wurde zu einem reformistischen Imperativ, [einem] Zeichen für [eine] philanthropische Geisteshaltung.“

Doch wo kommt dieser Umschwung her? Wo liegen seine Wurzeln?
Der organisierte Tierschutz geht mit seiner Gründung auf das erste Drittel des 19. Jahrhunderts zurück. Großbritannien gilt als Vorreiter für den Tierschutz. 1822 wurde das weltweit erste Tierschutzgesetz vom britischen Parlament verabschiedet, der Act of the Prevention of Cruel and Improper Treatment of Cattle.
Mit dem organisierten Tierschutz kam auch ein Bewusstseinswandel im Umgang mit Tieren generell. Durch die Erfolg im Parlament fühlten sich die Menschen bestärkt und gründeten Gruppen, „die sich dem Schutz der Tiere und der Durchsetzung der gesetzlichen Grundlagen verpflichtet fühlten“.
Religion spielte für den damaligen Tierschutz, und die Menschen allgemein, eine große Rolle. So verwundert es nicht, dass der erste deutsche Tierschutzverein von dem Stuttgarter Pfarrer Albert Knapp im Jahr 1837 gegründet wurde. Seinem Vorbild folgte viele weitere Städte. Ihr Hauptziel war, den Fokus vom Menschen weg und auf alle Lebewesen zu richten. Den Menschen also nicht mehr ins Zentrum zu stellen, sondern ihn als Teil des Ganzen, gleichgestellt mit allen anderen Lebewesen, zu sehen. Sie wollten die Gesellschaft „sittlich-moralisch“ bessern.
Diesen Versuch unternehmen aber nicht erst die Tierschutzvereine ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts, sondern schon vor ihnen unter anderem Johann F. Volckmann 1799. Auch er ruft zu mehr Menschlichkeit gegenüber den Tieren auf uns sagt: „Aber das ist doch unleugbare Pflicht der Menschlichkeit, die Tiere weder auf dem Wege zur Schlachtbank lange zu ängstigen, noch auf der Schlachtbank selbst lange zu martern, sondern ihnen den Tod so kurz und so leicht als möglich zu machen“.
Tierschutz oder Tierrechte
Grundlegend wird zwischen Tierschutz und Tierrechten unterschieden. Die Unterscheidung ist so simpel wie die Wörter. Der Tierschutz schützt die Tiere. Die Tierrechte pflichten den Tieren Rechte zu.
Renate Brucke hielt 2005 einen Vortrag auf dem Kongress „Animals in History“ in Köln mit dem Titel: „Friedensbewegung, sozialer Fortschritt und Tierrechte“. Sie stellt ganz eindeutig fest, dass es die Idee den Tieren ebenso wie den Menschen Rechte zuzusprechen nicht erst eine Erfindung der (Post-)Moderne ist, sondern schon viel früher aufkam. Warum es allerdings so scheint, als wäre dies der Fall liegt wohl auch daran, dass man heute mehr Menschen erreichen kann, aber vor allem an den philophischen Ansichten der damaligen Zeit.
René Descartes Maschinentheorie der Tiere trug dazu bei, dass Gewissen der Fleischesser zu entlasteten, da er den Tieren damit eine Seele absprach und sie als Maschinen definierte. Ebenso wie auch später Volckmann das in seinem Buch „Menschenstolz und Tierqualen“ aufgriff. Dazu passt auch, dass es die man im 17. Jahrhundert der Auffassung war, dass die Tiere nur als Nutzen für den Menschen gemacht seien. Hobbes und Spinoza kritisierten zudem, dass Tiere keine Rechte haben könnten, da sie keine Vertragspartei sein könnten.